„… dass Auschwitz nicht noch einmal sei…“


Gedenkspaziergang zum 9.November 2009, dem 71. Jahrestag der Reichspogromnacht

71 Jahre werden am 9.November 2009 seit der Reichspogromnacht vergangen sein. An diesem Datum erreichte das Ausmaß der direkten physischen Gewalt gegenüber deutschen Juden und Jüdinnen eine bis dato nicht gekannte neue Qualität. Auch in Münster wurden an diesem Tag im staatlichen Auftrag, von höchster überregionaler Stelle organisiert Menschen aufgrund ihrer jüdischen Herkunft überfallen, physisch und psychisch gequält. Die Synagoge, Ort des jüdischen kulturellen, sozialen und religiösen Lebens wurde ebenso wie zahlreiche Privatwohnungen und Geschäfte, welche sich im Besitz von Juden und Jüdinnen befanden, zerstört. Die Reichspogromnacht markiert durch die physische Brutalität, mit der gegen Menschen und ihr Eigentum vorgegangen wurde, einen wichtigen Schritt in dem in seinem Ausmaß unvorstellbaren und einmaligen antisemitischen motivierten Entwicklungsverlauf von allmählicher Entrechtung bis hin zu der Vernichtung von sechs Millionen Menschen:
Voraus gingen der Reichspogromnacht diskriminierende Gesetze, welche die Münsteraner ebenso wie die reichsweit lebenden Juden und Jüdinnen der Möglichkeit beraubten, ein menschenwürdiges soziales, kulturelles und wirtschaftliches Leben zu führen. Diese diskriminierenden Regelungen wurden nach der Reichspogromnacht immer weiter verschärft, bis die jüdische Bevölkerung gänzlich entrechtet war. Diese Entwicklung gipfelte in der Shoah: Der organisierten, industriell durchgeführten Vernichtung, welche nur aufgrund eines enormen behördlichen und logistischen Erfassungs-, Deportations- und in der Verachtung menschlichen Lebens einmaligen Tötungsapparats „funktionierte“.
Die Reaktionen der deutschen, nicht-jüdischen Bevölkerung sowohl auf die ersten diskriminierenden Gesetze als auch die Deportationen und das Wissen um die Vernichtungslager war in größten Teilen nicht nur von einer handlungsbezogenen Passivität, sondern auch einer emotionalen Gleichgültigkeit geprägt. So beschreibt Jean Amery, dass er, sich in einem deutschen Bahnhof in einem Deportationszug befindend, in kein einziges schmerzerfülltes, mitfühlendes Gesicht auf Seiten der nicht-jüdischen Bahnreisenden und Passanten blickte.

Der Gedenkspaziergang soll an die antisemitische Ausgrenzung, Entrechtung und Vernichtung während des Nationalsozialismus in Münster erinnern. Dies in dem Bewusstsein der Notwendigkeit der Erinnerung, aber auch im Bewusstsein, dadurch die Verbrechen nicht ungeschehen machen, die Ermordeten nicht zum Leben erwecken und die einmalige Schuld der deutschen Nation nicht abtragen zu können, nie abtragen zu können. Dies auch in dem Bewusstsein, dass die Geschichte des Nationalsozialismus zwar 1945 endete, ideologische Fragmente und personelle Kontinuitäten aber fortexistierten, so dass eine umfassende juristische Verfolgung der Täter und ein respektvoller Umgang mit den Opfern in der (jungen) BRD ausblieben.

Der Gedenkspaziergang beginnt um 18 Uhr auf dem Rathausvorplatz und endet gegen 20 Uhr am Mahnmal für die deportierten Jüdinnen und Juden am ehemaligen Gertrudenhof (Kreuzung Warendorferstr./ Kaiser-Wilhelm-Ring). Die geplante Route weicht in einigen Stationen von derjenigen aus dem voran gegangenen Jahr ab.

Hier eine Skizze der für dieses Jahr geplanten Route:

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Zwischen Servatiiplatz und Villa ten Hompel wird es für Alle, denen der Weg zum Gehen zu weit ist, die Möglichkeit geben, mit dem Auto gefahren zu werden.