“... daß Auschwitz nicht noch einmal sei”

Radiobeitrag der Jugendgeschichtswerkstatt Münster
zum Jahrestag der Reichspogromnacht




Einzig eine Erinnerungstafel an der neuen Synagoge in der Klosterstraße erinnert in den Straßen von Münster an die Ereignisse vom 9. November 1938. Vor 72 Jahren wurde die dort befindliche prachtvolle Synagoge niedergebrannt. Mit dieser Zerstörung begnügten sich die SA- und SS-Truppen nicht: Münsteraner Juden und Jüdinnen wurden in den Abendstunden aufgesucht und drangsaliert, ihr Eigentum wurde zerstört. Der damalige Rabbiner in Münster, Herr Dr. Steinthal, hat seine Erinnerung an diese Nacht festgehalten:

Am Abend waren Herr und Frau Feibes zu Besuch. Kaum hatten wir uns nach ihrem Fortgehen zur Ruhe begeben, da rief Frau Feibes in großer Besorgnis bei uns an, sie hätten die Scheiben ihres Kaufhauses mit antijüdischen Inschriften beschmiert vorgefunden. Ihr Mann sei heruntergegangen, um die Schmierereien zu beseitigen, käme aber nicht wieder, während die Menge der Menschen vor ihrem Hause wachse. Auf einen Anruf bei der Polizei erklärte mir der Polizeihauptmann Eisele, er habe leider keine Leute zur Verfügung, um sie zu schicken. Frau Feibes rief wieder an, die Leute hätten die Haustür zerbrochen und kämen die Treppe herauf. Zum zweiten Mal rief ich die Polizei an und fragte, ob man ermordet werden müsse, damit das Überfall-Kommando käme. Herr Hauptmann erklärte mir wiederum sein Bedauern darüber, daß er alle seine Leute auf der Straße habe und darum niemanden zu senden in der Lage sei. Darauf meldete sich in höchster Verzweiflung Frau Feibes ein drittes Mal, es röche nach Rauch, man habe anscheinend das Haus angesteckt.

Die Reichspogromnacht markiert durch die physische Brutalität, mit der gegen Menschen und ihr Eigentum vorgegangen wurde, einen einschneidenden Punkt in dem in seinem Ausmaß unvorstellbaren und einmaligen antisemitischen Entwicklungsverlauf von allmählicher Entrechtung, sozialer und wirtschaftlicher Isolation, physischer Gewalt, Deportation bis hin zu der Vernichtung von sechs Millionen Menschen.
 

Der Radiobeitrag erkundet die Spuren der Reichspogromnacht und der Shoah auf den Straßen von Münster. Opfer der antisemitischen Gewalt kommen anhand ihrer festgehaltenen Erinnerungen zu Wort.

 


9.November 2010, 21.00 Uhr
Bürgerfunk, Antenne Antifa (95,4 & Kabel 91,2 Mhz)
via Livestream unter antennemuenster.de
als mp3 auf
geschichtswerkstatt-muenster.net
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